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Schmidt über Schmidt.

Michael Schmidt in der Auvergne, 2013 (Foto: Junying Li)

Auf Mengelberg bin ich Ende der 1990er Jahre gestoßen. Damals hörte ich bis zum Exzess die Musik Gustav Mahlers und las alles Gedruckte über ihn. Dabei stellte ich fest, dass den erklärten Lieblingsinterpreten des Komponisten, eben Mengelberg, ein merkwürdiges Schweigen umgab. Ich beschaffte mir seine Aufnahme von Mahlers 4. Symphonie – und war so hingerissen, dass ich zu recherchieren begann. In der Frühzeit des Internets war das nicht einfach.

Aber erst, dass ich 2002 per Zufall in die Chasa gelangte und dort Adriaan van Woudenberg traf, der Mengelberg noch gekannt hatte, brachte die Sache ins Rollen. „Schreiben Sie doch ein Buch über ihn, den die Welt verleugnet“, ermunterte mich van Woudenberg. „Ich habe leider keine Ahnung von Musik,“, wandte ich ein. „Aber das Thema interessiert Sie doch,“ entgegnete der alte Hornist verwundert, „und die langweiligsten Bücher über Musik schreiben sowieso Musiker.“

Zunächst einmal schickte er mich ins Niederländische Musikinstitut in Den Haag – zu Frits Zwart, Mengelbergs Biografen. Der erklärte mir die Zusammenhänge. Ich konnte Einblick in Mengelbergs „korrigierte“ Dirigierpartituren nehmen und seinen Briefwechsel mit Mahler lesen – im Original.

In München traf ich dann kurz vor dessen Tod Prof. Jan Koetsier, Mengelbergs letzten Assistenzdirigenten. Von ihm erfuhr ich viel über die bizarre Persönlichkeit des Maestros, die allen Klischees vom „großen Künstler“ zuwiderläuft.

Trotzdem dauerte es noch viele Jahre, bis ich eine Form gefunden hatte, mit der ich jenen Mix aus Fakten und Fiktion erzeugen konnte, der mir vorschwebte – und die dabei auch noch die Klippen meines fehlenden Sachverstandes umschiffte. Interviews fürs Volk geben sie doch schließlich alle: Staatspräsidenten, Philosophen – und Dirigenten. Gerne gestehe ich, dass ich mir beim Schreiben vorstellte, ich sei ein Reporter vom SPIEGEL und rede mit Mengelberg. Mitten im Pingpong der Fragen und Antworten aber wurde mir klar: Er hätte dieses Spiel so nie mitgemacht. Also begann ich von vorn und machte einen Monolog daraus. Der Reporter bleibt dazu verdammt, eine Art stummer Diener zu sein. So passte es besser.

Der Richtigspieler ist mein erster Roman. Zuvor habe ich schon zwei Sachbücher geschrieben.